St. Paul Trail (St. Paul Yolu)

Aus Fahrten-Wiki
Wechseln zu: Navigation, Suche
54011-3.jpg
Gastfreundschaft
Neues entdecken
Bloß nicht den Eltern zeigen...
Egridir
Urig
Lustige Steine
Kozdere
Baydili

Einstimmung

Die Türkische Riviera - viele Millionen Menschen kennen sie von ihrem Pauschalurlaub mit der Sonnen(brand)garantie. Doch was jenseits dieser riesigen Hotelanlagen liegt, wissen nur die wenigsten. Eine unglaublich vielfältige Landschaft mit einer bewegten Geschichte, deren Relikte darauf warten, von den Wanderern entdeckt zu werden.

Die Landschaft des St. Paul Trails ist überaus abwechslungsreich. Es geht durch tiefe Schluchten, dann wieder durch herrlich duftende Kiefernwälder, vorbei an eigentümlichen Felsnadeln soweit das Auge reicht. Im Hintergrund kommen schroffe Gebirgsmassive immer näher. Unterwegs kreuzt man ein weites Tal, das aus einer einzigen riesigen Apfelplantage kommt. Dann wieder durch dunkle Wälder, dessen Bäume komplett mit Moos bewachsen sind oder steinig, hügelige mit Dornenbüschen besetzte Landschaft, in der die Sonne erbarmungslos herabbrennt.

Und, als wäre das nicht schon genug, die Menschen. Die Türkische Mentalität. Alles läuft ein bisschen langsamer, vielleicht auch unzuverlässiger, aber dafür wird jeder Fremde, der in ihr Dorf gelangt mit einem freudigen 'Hos geldiniz', 'Herzlich Willkommen' begrüßt, worauf wir, die nach Atem ringenden, verschitzten Wanderer mit 'Hos bulduk', 'wir sind wohl angekommen', antworten. Kurze Zeit später befinden wir uns in seiner Steinhütte mit einem Glas Tee und kosten von seinem Ziegenkäse. Zum Dank gibts ein Tafel Schokolade, die wundersamerweise nicht geschmolzen war und ein Lied auf der Gitarre.

Das ist die Türkei!

Zielgruppe

Die Türkei ist ein Land für ältere Gruppen, die schon über etwas mehr Fahrtenerfahrung verfügen. Gerade im Umgang mit anderen Kulturen, zumal der islamischen, sollte man etwas Feingefühl besitzen. Da man von zuhause aus wenig planen kann,laßt die Dinge auf euch zukommen und stellt auf ein echtes Abenteuer (im positiven Sinne) ein.

Anreise

Am besten kümmert man sich frühzeitig (ein halbes Jahr vorher) um einen Flug nach Antalya bei den zahlreichen Billiganbietern. Bei germanwings haben wir 160 € für ein Ticket gezahlt.

Fortbewegung im Land

Die Türkei verfügt über ein sehr gut ausgebautes Busnetz. Da gibt es zum einen den Dolmus, (städtischer Kleinbus, türkische Bedeutung: überfüllt!) zum anderen den Überlandbus. In Dolmusen wird einem mit großen Rucksack manchmal der Einstieg verwehrt.

Auch Taxifahren ist verhältnismäßig günstig, allerdings immer noch deutlich teurer als die Busse.

Trampen funktioniert in den ländlichen Gebieten sehr gut. Selten mal fährt ein Auto an einem vorbei, obwohl es Platz für einen gehabt hätte. Es war sogar so, dass beim Wandern vorbeifahrende Autos anhielten, um zu fragen ob sie uns mitnehmen sollten.

Wandern

Der St. Paul Trail ist ein exzellent markierter Wanderweg in einer Länge von 500 km, der in ca. 5 Wochen komplett gegangen werden kann. Man ist auf kleinen Asphaltstraßen, Forstwirtschaftswegen, Mauleselpfaden, antiken römischen und seldschukischen Straßen unterwegs. Der markierte Weg benutzt größtenteils Wege, die auch von der einheimischen Bevölkerung schon seit Jahrhunderten genutzt werden. So trifft man auf manchen Streckenabschnitten kleine Jungen, die ihre Ziegenherde auf die Weide treiben und ganze Maultiertreks, die Oreganosäcke von den Bergen in ihr Dorf herab bringen.

Auch wenn man sich entschließen sollte, nicht den beschriebenen Wanderweg zu gehen, dürfte dies kein Problem sein, da die Straßen wenig befahren sind und es sehr viele Trampelpfade gibt, über deren Verlauf einen die Türken gern aufklären. Solange man sich in halbwegs übersichtlicher Landschaft aufhält, ist das Querfeldein-Wandern kein Problem.

Die Wandergruppe sollte mit nicht unerheblichen Höhenunterschieden rechnen. Gerade mit schweren Rücksäcken sind kleine Kraxeleien oft nicht ganz einfach zu bewältigen. Der Weg startet etwa auf 200m Höhe und endet auf 2000, wobei es zwischendurch ständig rauf und runter geht und auch mal ein optionaler Gipfel mit 2700m Höhe vorkommt.

Die meiste Zeit des Weges verbringt man auf unbefestigten Trampelpfaden, daher bietet sich der St. Paul Trail nicht zum Fahrradfahren an.

Wasser

Die Verfügbarkeit von Wasser ist im Grunde kein Problem. Im Wanderführer des St. Paul Trails (siehe Landkarten und Literatur) sind alle Wasserstellen am Weg beschrieben. Allerdings muss man in den Sommermonaten bedenken, dass viele Flüße und Quellen ausgetrocknet sind. So empfiehlt es sich, einen Wassersack mitzunehmen und am Beginn jedes Tages im Buch nachzulesen, an welchen Wasserstellen man vorbeikommen wird, um so den Tag zu planen. Die Qualität des Wasser ist sehr gut. An jeder Moschee befindet sich ein Wasserhahn und auch außerhalb der Dörfer gibt es oft Zisternen, an denen man sich das eiskalte Wasser im Eimer hinauf zieht.

Offenes Feuer

Wie überall sollte die Feuerstelle mit Bedacht ausgewählt werden. In der Türkei herrscht im Sommer oft Waldbrandalarm, weil es so selten regnet. Trotzdem haben haben wir fast jeden Abend auf dem Feuer gekocht, Holz gibt es reichlich und es ist überaus trocken, so dass man sehr schnell ein kleines, heißes Feuer brennen hat.

Zelten

Offiziell natürlich verboten aber faktisch überall toleriert. Oft bekommt man auch von den Türken ein Plätzchen gezeigt. In manchen Dörfern gibt es auch Gästehäuser in denen man kostenlos übernachten kann.

Lebensmittel und Handeln

Auch wenn die Region nicht gerade dichtbesiedelt ist, so kommt man doch fast jeden Tag in ein Dorf, wo es meistens auch einen kleinen Laden gibt. Dort findet man allerdings außer Reis, Nudeln, und Bulgur wenig Brauchbares. Gemüse, Brot, Honig und Ziegenkäse kauft man am besten am Gartenzaun oder vom Hirten.

Nur in den großen Supermärkten in Antalya gibt es feste Öffnungszeiten. Ansonsten werden die kleinen Tante-Emma-Läden bei Bedarf geöffnet.

Bezüglich der Kriminalität auf dem Land braucht man keinerlei Angst zu haben. Die Menschen sind sehr arm und teilen das wenige was sie besitzen auch noch mit Gästen. Trotzdem sollte man nie seine 'Reichtümer' zeigen und damit andere in Versuchung bringen.

Auf dem Markt steckt man sich ein wenig Geld zum Bezahlen in die Tasche. Wie will man dem Verkäufer beim Verhandeln deutlichen machen, dass dies das letzte Geld sei, was man besitzt, wenn man anschließend die Geldbörse öffnet und die dicken Scheine herausblinken?

In den großen Städten muss man ständig aufpassen, dass man nicht übers Ohr gehauen wird. Also den Preis immer vor in Anspruchnahme einer Leistung verhandeln.

Preisniveau

Gemüse und Brot sind unglaublich günstig, Grundnahrungmittel sind auch immer noch günstig. Fleisch, vor allem die harte Knoblauchwurst (Sucuk) ist ziemlich teuer, sie ist aber ihr Geld wert!! Ist man erstmal am Ausgangsort der Wanderung angelangt, erwarten einen nur noch geringfügige Ausgaben. Der Transport dorthin ist natürlich ein Kostenpunkt sowie etwaige Restaurantbesuche in Antalya, wo man Touristenpreise zahlt.

Sprache

Außer in Antalya wird man nur selten Menschen mit Fremdsprachenkenntnissen über den Weg laufen. Eine Beschäftigung mit der türkischen Sprache ist also mehr als lohnenswert. Spätestens wenn man von irgendwelchen Türken zum Essen in sein Haus eingeladen wird, sollte man ein wenig türkischen Smalltalk beherrschen und sich für das Essen bedanken können. Vieles kann man natürlich mit Händen und Füßen andeuten, doch wäre es sehr Schade, wenn man mit diesem unglaublich gastfreundlichen und offenen Menschen nicht etwas ins Gespräch käme.

Als Sprachführer sehr zu empfehlen ist "Türkisch-Wort für Wort" aus der Kauderwelsch-Reihe. Zusätzlich braucht man aber noch ein kleines Wörterbuch.

Klima und beste Reisezeit

Im Sommer ist es in der Türkei sehr heiß, in der Mittagshitze ist Wandern kaum möglich. Deswegen sind wir morgens immer sehr früh aufgestanden, etwa bis 11 Uhr gelaufen und haben dann im Schatten an einer Wasserstelle eine Siesta gemacht und sind dann von 15 Uhr bis Einbruch der Dunkelheit gelaufen.

Spätsommer und Frühling sind die besten Reisezeiten.

Im Herbst und Winter kann man Probleme mit der Regenzeit und Schnee bekommen. Der Wanderweg ist sehr wenig begangen. Wir schätzen, dass er im Jahr von weniger als 40 Leuten begangen wird.

Landkarten und Literatur

Landkarten in einem Maßstab, der sich zum Wandern eignet, werden von der türkischen Regierung unter Verschluß gehalten. Es gibt für den St Paul Trail nur eine Karte und zwar ist das diejenige, die im Buch über den St Paul Trail enthalten ist. Ihr Maßstab ist etwa 1:150.000, was im Grunde nur für eine grobe Orientierung reicht.

Die unentbehrliche Literatur ist der Wanderführer des St Paul Trails. Dort ist der Weg in englischer Manier detailliert beschrieben. Außerdem wird man mit einer Fülle von historischen und kulturellen Informationen versorgt Zur Auseinandersetzung mit den zahlreich vorhandenen antiken Städten sei auf die üblichen Reiseführer verwiesen, die ansonsten aber wenig relevante Informationen für die Strecke liefern.

Reisetipps

Adada ...

... eine einmalig gut erhaltene antike Stadt abseits von jeder touristischen Ausschlachtung, wo man nach Belieben auf den jahrtausende alten Gemäuern herum kraxeln kann.

Egridir ...

... der Donnerstagsmarkt, wo man seine Handelskünste unter Beweis stellen kann und anschließend im Hamam, dem türkischen Badehaus entspannen kann. In dem 900-jahre alten Gewölbe kann man auch herrlich Mehrstimmiges zu Gehör bringen, vorausgesetzt man ist unter sich.

Köprülü Canyon ...

...paradiesartige Badelandschaften, römische Brücken und atemberaubend tiefe Schluchten und Steilwände (hängt von der Perspektive ab...).

Routentipps

Der St Paul Trail kann uneingeschränkt weiterempfohlen werden. Man kann natürlich auch auf eigene Faust losziehn und seine eigene Route entwerfen, doch verbindet der St Paul Trail alles Sehenswerte der Region, zeigt Wege, die man alleine vielleicht nicht finden würde und stellt akribisch recherchierte Informationen zur Verfügung, die anderswo nicht verfügbar sind.

Der St Paul Trail startet sowohl von Aspendos als auch von Perge, beide Wege treffen in Adada aufeinander, weiter führt der Weg nach Egridir (gelegen am gleichnamigen See, den viertgrößten See der Türkei) und endet schließlich in Antiochia in Pisidien. Dieser Streckenverlauf entspricht grob der Route, die Apostel Paulus auf seiner 1. Missionreise zurücklegte. Wir sind 2006 von Beskonak nach Egridir gelaufen.

Lykischer Weg

Kate Clow, die Autorin dieser Streckenbeschreibung hat neben dem St Paul Trail noch einen anderen Weitwanderweg beschrieben, nämlich den Lykischen Weg. Er führt von Antalya nach Fethiye 509km an der Küste entlang und ist in ungefähr einem Monat komplett abwanderbar.

Reiseberichte

Reisebericht vom Lykischen Weg: http://www.wanderreisendatenbank.de

Links

St. Paul Trail und Lykischer Weg: Einführung zu beiden Wegen mit Bildern, Links und einem Forum: http://www.stpaultrail.com

Literaturtipps

  • St Paul Trail: Turkey's Second Long Distance Walking Route, 192 Seiten, Upcountry Verlag, ISBN 978-0953921812, 24 €.
  • The Lycian Way, Upcountry Verlag, 144 Seiten, ISBN 978-0953921805, 22 €.
  • Kauderwelsch, Türkisch Wort für Wort, 176 Seiten, Reise Know-How Rump Verlag, ISBN 978-3894164881, 8 €.

Dieser Artikel wird laufend aktualisiert. Er geht im Ursprung auf einen Artikel von Bernhard "Touri" Schlevogt bei brummli.net zurück.